What the Förderung? Exist-Gründerstipendium

Über das Exist-Gründerstipendium – und was man tun muss, um eines zu bekommen.

Was ist ein Exist-Stipendium?

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi, das „i“ ist noch ein Überbleibsel eines alten Namens) und der Europäische Sozialfonds unterstützen Firmengründungen aus der Wissenschaft mit dem sogenannten Exist-Gründungsstipendium. Das Magazin Businesspunk hat das Programm in der Ausgabe 2 im Jahr 2014 als heimliche Kaderschmiede der deutschen Gründerszene bezeichnet. Insgesamt wurden bereits über 85 Millionen an Stipendiengeldern ausgeschüttet und über 1050 Projekte gefördert. Betreut wird dieses Gründungsprogramm vom Projektträger Jülich – der kurioserweise für das Exist-Programm in Berlin sitzt.

Projektbezogen werden an gründungswillige Absolventen von Universitäten oder Hochschulen zwei Arten dieser Gründungsstipendien vergeben. Zum einen gibt es das Förderprogramm Exist-Forschungstransfer. Mit diesem haben wir keine Erfahrung, darum schreibe ich hier nichts weiter dazu. Wer Fragen dazu hat, sollte beim Projektträger Jülich anrufen, die Damen und Herren dort sind sehr nett, äußerst kompetent und gerne bereit Auskunft zu geben. Wir haben mit allen Personen vom Projektträger Jülich ausschließlich positive Erfahrungen gemacht.

Das zweite Programm ist das Exist-Gründungsstipendium. Wer dieses erhält, bekommt für sein Projekt je nach Abschluss seit 2015 pro Gründungsmitglied 3.000,– (Doktortitel), 2.500 Euro (Universitäts- oder Hochschulabschluss), 2.000,– (Technische/r Mitarbeiter/in), 1.000,– Euro (Studierende). Dazu kommen bis zu 10.000,– Euro Sachmittelzuschuss pro Stipendiat (pro Projekt maximal 30.000,– Euro) und 5.000,– Euro Coachingbudget. Maximal wird ein Projekt also bei 3 Gründern mit stolzen 143.000,– Euro gefördert. So viel Seedkapital muss man als Gründergrünschnabel erst einmal irgendwo einsammeln!

Das Exist-Gründerstipendium wird ebenfalls vom Projektträger Jülich verwaltet. Exist-Projekte sind stark techniklastig und fokussieren sich daher auf technische Innovation – der nächste Onlineshop für Katzenfutter wird daher wohl eher keinen Zuschlag bekommen und wer ein weiteres Steuerberatungsunternehmen eröffnen will, muss wohl auch ohne eine Exist-Förderung auskommen. Es sei denn, der Shop oder die Beratung nutzen innovative neue technische Elemente für den Kern des Vorhabens.

Da wir in München beheimatet sind und das Münchener Exist-Netzwerk äußerst aktiv ist, treffen und sehen wir aktuell viele andere Teams (Danke an Herrn Zinser, der das organisiert!). Exist-Gründerteams bestehen, unserer Beobachtung nach, oft aus Ingenieuren, Informatikern und Naturwissenschaftlern. BWLer folgen wohl als nächste Gruppe. Der Frauenanteil ist gering. Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel. Julia und ich gehören glücklicherweise zu diesen Ausnahmen. „Der Kontext“ hat als Kernelement ein innovatives technisches Detail, das ohne die Programmierkünste von Erich Seifert, unserem dritten Gründungsmitglied, nicht funktionieren würde.

Im Rahmen des Stipendiums müssen ein paar Milestones eingehalten werden (Zwischenpräsentation im Monat 5, Abgabe eines fertigen Businessplans im Monat 10, Einhaltung von Formalien bei der Verwaltung des Budgets, selbstständiges Abführen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, Teilnahme an einem speziellen Gründerseminar, usw.).

Wie bekommt man es?

Um ein Exist-Stipendium zu bekommen, muss man sich ziemlich reinhängen. Wir haben von keinem Team gehört, dem der Antrag so ganz locker von der Hand ging. Er muss geschrieben werden und wer sich damit nicht auskennt, wird möglicherweise abgeschreckt. Der Antrag ist natürlich kein Hexenwerk. Er besteht aus Formalien, die eingehalten werden müssen, einem Ideenpapier (20 Seiten) und man muss sich darum kümmern, an einer Universität oder Hochschule zum einen einen Mentor zu finden und sich mit einem angeschlossenen Gründernetzwerk zu vernetzen (Danke an Frau Schwarz vom ITW der Hochschule Augsburg, Herrn Schimpfle vom aitiRaum und Herrn Prof. Dr. Gerth von der Fakultät für Informatik). Jedenfalls alles machbar – man muss sich halt darum kümmern. Das Netzwerk ist schnell gefunden, der Mentor ebenso (entweder man spricht einen seiner alten Professoren an oder sucht sich jemanden, der sich thematisch mit der Materie auskennt und versucht diesen für das Projekt zu begeistern). Der Aufwand für den Mentor kann gering sein oder groß sein. Es kommt darauf an, wie intensiv das Gründerteam den Kontakt zum Mentor sucht und einfordert. (Danke an Prof. Müller)  

Formalien

Die Formalien für den Gründungsantrag sind einfach und schnell beisammen. Man bekommt auf der Website von Exist die entsprechenden Anträge und arbeitet diese einfach Schritt für Schritt ab. Die Unterlagen für den Antrag kann man direkt auf der Exist-Website herunterladen.

Im Endeffekt ist das alles selbsterklärend, muss aber natürlich gewissenhaft erfüllt werden. Eine Bewerbung ist übrigens jederzeit möglich. Das komplizierteste an den Formalien ist wohl das Gründernetzwerk sowie die Unterstützung der Universität oder Hochschule zu bekommen. Was wir so hören: es kommt einfach darauf an, wie viel Erfahrung die einzelnen Stellen mit dem Exist-Gründungsstipendium haben. Der Verwaltungsaufwand ist im Endeffekt für die betreuende Institution überschaubar, nur wissen das oft noch nicht alle Ansprechpartner und dann ist wohl an der ein oder andere Stelle Überzeugungsarbeit notwendig. Wir sind ins Gründungsnetzwerk der Hochschule Augsburg eingebunden und werden vom ITW der Hochschule betreut. An dieser Stelle wollen wir den entsprechenden Personen unseren herzlichen Dank aussprechen!

Die Formalien sind unserer Erfahrung nach, und laut allem, was wir so gehört haben, also nicht das Problem. Alles machbar. Richtlinien gibt es hier.

Ideenpapier

Schwieriger ist das Ideenpapier für den Antrag. Hier brauchen die Teams die meiste Zeit. Manche nur 1 Monat (=superschnell), andere benötigen 6 Monate (völlig normal). Oft hat man anfangs nur eine vage Idee; eine Diplom, Bachelor- oder Masterarbeit. Daraus eine Idee, ein Konzept für eine Geschäftsidee zu basteln ist anstrengend (ganz zu schweigen von einem Geschäftsmodell)! Sehr hilfreich ist hierbei die Vorlage des Ideenpapiers auf der Exist-Website.

Im Prinzip schreibt man damit schon einen kleinen Businessplan – und wenn man mal etwas zum Lachen braucht, kann man sich das Ganze ein paar Monate oder sogar Jahre später wieder durchlesen. Die Energie, die es braucht, um eine wissenschaftliche, eher abstrakte Idee hin zu einer Geschäftsidee zu entwickeln, ist enorm. Vieles muss reifen, die Zeit arbeitet hier immer für das Konzept – und am Ende hat man den entscheidenden Einfall dann unter der Dusche, beim Nudeln Kochen oder Joggen.

Abschicken, Warten, Bewertung

Hat man alles beisammen, schickt man es an den Projektträger Jülich. Alle Unterlagen mit Stempeln und Unterschriften und Zip und Zap und Zup. Eine Checkliste mit allen Unterlagen, die in den Briefumschlag gehören, ist sehr hilfreich. Anschließend heißt es warten. Rückmeldung bekommt dann zunächst die Hochschule oder Universität, und die gibt das Feedback den Teams weiter. Zumindest war das bei uns so. Man bekommt dabei einen Bewertungsbogen, in dem Fragen zum kompletten Projekt gestellt werden. Und man bekommt eine Bewertung in Form einer Punktevergabe. Kurz und knapp: wer unter 9 Punkte hat, bekommt das Stipendium nicht. Das ist gar nicht so selten und man sollte sich dadurch nicht entmutigen lassen. Man hat nämlich die Möglichkeit nachzubessern. Innerhalb einer Frist von 4 Wochen kann man das Konzept überarbeiten, Fragen beantworten und eventuell fehlende Bestandteile nachreichen. Wir mussten einige Fragen beantworten – und haben schließlich, wieder ein paar Wochen später, die Zusage bekommen. Dieser Prozess war bei uns im Jahr 2014 so – natürlich kann sich das auch ändern!

Startzeitpunkt des Stipendiums

In den Unterlagen zur Bewerbung gibt man an, ab wann das Stipendium laufen sollte. Dieser Zeitpunkt lässt sich unserer Erfahrung nach noch ein wenig variieren, wenn man z.B. gerade noch einen Auftrag als Freiberufler fertig machen muss oder erst mal kündigt, um überhaupt frei zu haben. Eine Bedingung des Stipendiums ist nämlich, dass man nicht mehr als 5 Stunden pro Woche für andere Projekte arbeitet. Eine gewisse Vorlaufzeit räumt einem der Projektträger Jülich da also durchaus ein.

Fazit

Das Exist-Stipendium ist fantastisch! Man bekommt unheimlich viel – das finanzielle ist nur das Sahnehäubchen. Feedback, Coaching, Kontakte, Kritik und eine äußerst spannende Zeit. Selten haben wir so viel gelernt, gelacht, geweint und mitgemacht. Seit dem Zeitpunkt, zu dem wir ernsthaft darüber nachgedacht haben das Konzept zu verwirklichen, ist sehr sehr viel passiert. Das Stipendium ist nur ein Teil dieses Mosaiks, aber ein sehr wichtiger. Eine regelrechte Achterbahnfahrt. Man erlebt viele positive und negative Momente. Alleine dafür sind wir äußerst dankbar. Insbesondere all die Menschen, die man kennen lernt, sind bereichernd. Wir können nur empfehlen, sich für dieses Stipendium zu bewerben.